HERMANN BRILL - 9.2.1895 (Gräfenroda) – 22.6.1959 (Wiesbaden)
Die „wehrhafte Demokratie“ in der Bundesrepublik haben wir zu einem guten Teil Hermann Brill und seiner Mitwirkung im Verfassungskonvent von Herrenchiemsee, der vom 10.- 23. August 1948 auf der Insel im Chiemsee die Arbeit des Parlamentarischen Rates vorbereitet hat, zu danken.
Hermann Brill konnte sich mit der Parole „schmücken“: Viel Feind, viel Ehr. Er blieb trotz aller Anfeindungen standhaft.
Als Kriegsfreiwilliger im 1. Weltkrieg wurde er 1916 verwundet, meldete er sich 1917 erneut freiwillig. Doch 1918 trat er der USPD bei und gehörte 1919 dem „Volksrat“ in Thüringen an, als dessen Mitglied er die Verfassung der kurzzeitig bestehenden Gothaer Räterepublik ausarbeitete. 1920 machte er sein Lehrerexamen und wurde Mitglied der verfassungsgebenden Versammlung Thüringens. 1920 wurde Mitglied des Landtags, dem er, seit 1922 Mitglied der SPD, bis 1933 angehörte. Zunächst arbeitet er im Ministerium für Volksbildung (bis 1923) danach im Innenministerium als Leiter der Polizeiabteilung. 1924 übernahm eine rechte Minderheitsregierung, unterstützt von Nationalsozialisten die thüringer Regierungmacht. Brill wurde daraufhin in den „Wartestand“ versetzt. Die Zeit von 1924 bis zur Abwahl der rechten Mehrheit 1927 nutzte er für ein Jura-Studium sowie zur Promotion (Thema: Studien zur Entstehung und Entwicklung der deutschen Selbstverwaltung). Bald darauf wurde er Mitglied des Staatsgerichtshofes Thüringen und 1932 Mitglied des Reichstags.
1930 kam in Thüringen erneut eine bürgerlich-nationalsozialistische Koalition an die Regierung. Erstmals wurde ein NSDAP-Mitglied Landesminister:Wilhelm Frick. Frick bemühte sich sehr um die Einbürgerung des auf eigenen Wunsch seit 1925 staatenlosen Adolf Hitler. Brill erreichte die Einsetzung eines Untersuchungsausschuss, der sich mit der Rolle Fricks bei dem Versuch der Einbürgerung Adolf Hitlers befasste. Es gelang ihm als Vorsitzendem sowohl Adolf Hitler als auch Joseph Goebbels vor den Ausschuss zu zitieren. Deren Auftreten, unterstützt von NS-Parteigenossen, charakterisierte er später wie folgt: „Ich hatte den Hysteriker Hitler ohne Maske gesehen. Goebbels war wie ein Schuljunge auf seinen Stuhl gesprungen. Das Bild ähnelte einer randalierenden Schulklasse“.
Die Einbürgerung gelang erst im Februar 1932 in Braunschweig.
Brill trat am 17. Mai 1933 aus der SPD aus, weil die Restfraktion im Reichstag dem nationalpolitischen Programm Hitlers zugestimmt hatte. Er engagierte sich führend in der Gruppe „Neu Beginnen“ (ab 1934) und der „Deutschen Volksfront (ab 1936). 1938 wurde er verhaftet und vom Volksgerichtshof zu 12 Jahren Zuchthaus verurteilt. Zunächst im Zuchthaus Brandenburg–Goerden eingekerkert, wurde er Ende 1943 ins Konzentrationslager Buchenwald verbracht. Er engagierte sich sogleich in der Widerstandsgruppe und wurde im Februar 1944 Vorsitzender des - illegalen - Deutschen Volksfrontkomitees, das sich aus ehemaligen Sozialdemokraten und Kommunisten gebildet hatte und nach dem Sieg über Hitler eine gemeinsame sozialistische Partei erhoffte. Das „Buchenwald Manifest der demokratischen Sozialisten“ stammt im wesentlichen von ihm.
Nach der Befreiung des Lagers wurde er von der amerikanischen Besatzung als Regierungspräsident für Thüringen eigesetzt. Doch kaum hatten die Sowjets das Gebiet von den US-Truppen übernommen, wurde er im Juli 1945 abgesetzt. Seine politischen Vorstellungen widersprachen vor allem dem Konzept der Sowjets und ihrem Ratgeber Walter Ulbricht, der Brill schon in der Weimarer Zeit konsequent bekämpft hatte. Nach mehreren Festnahmen und Verhören durch die Besatzungsmacht floh Brill Ende 1945 nach Hessen.
Dort schloss er sich erneut der SPD an, wurde im Juli 1946 Chef der Staatskanzlei und vertrat Hessen im Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee. Von 1949 bis 1953 gehört er dem Deutschen Bundestag an.
Doch auch im Westen machten sich die Gegner wieder stark. Dieses Mal in Gestalt des Rektors der Frankfurter Universität und späteren EU-Kommissar Walter Hallstein (CDU). Der Hessische Kultusminister Erwin Stein hatte Brill zum Honorarprofessor an der Frankfurter Universität ernannt. Die FDP brachte daraufhin im Hessischen Landtag zwei Große Anfragen ein, in denen Brills fachliche Qualifikation bezweifelt wurde. Mehrere Gutachten, die die Universität u.a. in New York bei dem Staatsrechtler Franz Neumann einholte, kamen hingegen übereinstimmend zu einem positiven Votum, so dass die Vermutung, dass weniger fachwissenschaftlich und eher politische Motiven der Attacke gegenüber einem Vertreter der „Linksregierung“ zugrunde lagen.
Brill lehrte bis zu seinem Tode 1959 an der Frankfurter Universität sowie an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer.