02.12.2023 in Geschichte

Carlo Schmid Sozialdemokrat des Monats Dezember 2023

 
Carlo Schmid und Willy Brandt 1960

* 3.12.1896 - † 11.12.1979

Zu seinem 125. Geburtstag 2021 schrieb der Vorwärts: „Dass Carlo Schmid trotz seiner zahlreichen Verdienste keinen zentralen Platz im „kollektiven Gedächtnis“ der SPD ergattern konnte, mag daran liegen, dass er es letztlich zu keinem hohen politischen Amt brachte – und so manchen Genossinnen und Genossen wohl doch auf zu großer intellektueller Flughöhe unterwegs war.“

Schmid gehört zu den Vätern des Grundgesetzes und des Godesberger Programms; er setzte sich stark für die europäische Integration und die deutsch-französische Aussöhnung ein. Er war Kandidat zum Bundespräsidentenamt 1959 und Bundesratsminister im Kabinett Kiesinger (1966–69) und von 1969 bis 1972 Vizepräsident des Deutschen Bundestages. Von 1949 bis 1972 gewann er bei den Bundestagswahlen in seinem Mannheimer Wahlkreis das Direktmandat für die SPD.

31.10.2023 in Geschichte

Gustav Radbruch (* 21. November 1878 in Lübeck; † 23. November 1949 in Heidelberg)

 

Gustav Radbruch studierte Jura in München, Leipzig und Berlin.

Er war bereits 1910 zum außerordentlichen Professor an der Universität Heidelberg berufen worden. Von 1914 bis 1918 war er Soldat. Er trat, nachdem er sich für die Kieler Matrosen im Kampf gegen die Fortsetzung des 1. Weltkrieges eingesetzt hatte, 1918 in die SPD ein. Er blieb im Norden, konnte aber als nunmehriges bekennendes SPD-Mitglied nur gegen den erheblichen Widerstand der Kollegen in der juristischen Fakultät 1919 zum Professor an der Universität Kiel berufen werden.

Radbruch war von 1920 bis 1924 Mitglied des Reichstags. Von Oktober 1921 bis zum November 1923 war er Reichsjustizminister in drei Kabinetten (Wirth II, Stresemann I und II).

26.09.2023 in Abteilung

160 Jahre Kampf der SPD für eine wehrhafte Demokratie

 

Die Sicherung der Grund- und Menschenrechte vor Ort und international

Christoph Ehmann Vortrag SPD – Krumme Lanke am 12. September 2023 (überarbeitet) Als pdf-download

Am 8. September 1948 sagte Carlo Schmid als Sprecher der SPD-Mitglieder im Parlamentarischen Rat:

„Ich für meinen Teil bin der Meinung, dass es nicht zum Begriff der Demokratie gehört, dass sie selbst die Voraussetzungen für ihre Beseitigung schafft. (…) Man muss auch den Mut zur Intoleranz denen gegenüber aufbringen, die die Demokratie gebrauchen wollen, um sie umzubringen.“

Die SPD hatte während der Weimarer Republik leidvoll erfahren, dass, wenn man die Demokratie auf die Herrschaft des Mehrheitsprinzips reduzierte, es sehr leicht war, die Demokratie in ihrem Wesenskern, den gleichen Rechten für alle, abzuschaffen. Zwar hatten die Organisationen der revolutionären Demokratie-Bewegung, häufig unter dem Sammelbegriff Arbeiterbewegung geführt, obwohl zumindest zunächst überwiegend aus Handwerkern und Dienstboten bestehend, für das allgemeine und gleiche Wahlrecht gekämpft, um überhaupt eine Mehrheit für die Erwähnung der Grund- und Menschenrechte in den Verfassungen zu erreichen. Doch sie hatten auch erfahren, dass Freiheit und Gleichheit zwar gefordert, aber damit noch lange nicht langfristig gesichert werden konnten. Es galt die Grund- und Menschenrechte, aufgeschrieben in der Französischen Revolution von 1789 und aufgenommen in der gescheiterten deutschen Revolution von 1848, zum unveränderlichen Bestandteil in den Ordnungen über das Zusammenleben der Menschen zu machen.

Es war konsequent, dass es im Parlamentarischen Rat ein Sozialdemokrat war, der mit deutlichen Worten darauf drang, dass die zu schaffende Verfassung diese Gefahr deutlich benannte. Es galt, eine wehrhafte, eine streitbare Demokratie zu bauen. Denn dafür stritten Sozialdemokraten schließlich schon seit nahezu drei Generationen. Gegen vielfachen Widerstand. Von allen Seiten.

03.08.2023 in Abteilung

7 bis 9. August 1869 Gründung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei („Eisenacher“)

 

Die Gründung des „Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein“ am 23. Mai 1863 gilt als Gründungsdatum der SPD. Als „Väter“ der deutschen Arbeiterbewegung und damit auch der SPD aber werden zumeist August Bebel und Wilhelm Liebknecht  genannt. Sie spalteten 1869 den ADAV und riefen zur Gründung der „Sozialdemokratischen Arbeiterpartei“ für den 7. - 9. August 1869 nach Eisenach. Bis zum Gothaer Vereinigungsparteitag 1875 gab es also zwei sowohl bei den Wahlen zum Reichstag des Norddeutschen Bundes (1867) zum darauf folgenden Reichstag des Deutschen Reiches (1871) kandidierende „Arbeiterparteien“. Beide Parteien waren aus den Deutschen Arbeitervereinen, die gesetzeskonform ArbeiterBILDUNGSvereine sein mussten, hervorgegangen. Nach der 1848 Revolution hatte zunächst die antidemokratische Reaktion gesiegt, insbesondere in Preußen. Aber einige Industrielle hatten erkannt, dass es notwendig sei, die Arbeiter zu qualifizieren, also der Volksschule eine Gewerbeschule neben der Berufstätigkeit folgen zu lassen.

Mit steigendem Bildungsniveau ging auch eine steigender Wille und eine zunehmende Fähigkeit einher, die eigenen Angelegenheit selbst zu vertreten und die Interessenvertretung nicht mehr  wohlwollenden Unternehmern oder bürgerlichen Politikern zu überlassen, wie das bidslang üblich war (z.B. Hirsch-Dunckersche Gewerkvereine statt Gewerkschaften)

Die wesentlichen Unterschiede:

- Der ADAV wurde seit1866 von dem der Frankfurter Patrizierfamilie Allesina von Schweitzer entstammenden Johann Baptist von Schweitzer Allesina in alleiniger Zuständigkeit geführt. Der Vorsitzende entschied über die Mitgliedschaft – wer als Arbeiter anerkannt werde – und über die Mitgliedschaft von „Nichtarbeiter“ (§ 2). Von Schweitzer war Anhänger der Bismarkschen kleindeutschen Lösung, also ohne Österreich. Bebel beschuldigte ihn 1875, im Solde Bismarks gestanden zu haben.

- Bebel, insbesondere aber Liebknecht waren der 1864 gegründeten Internationalen Arbeiterassoziation  (IAA) verbunden. Ihr Internationalismus vertrug sich wenn, dann nur mit einer großdeutschen Lösung, also inklusive Öszerreichs. Vor allem galt für  beide der Leitsatz der IAA : „dass die Emazipation der arbeitenden Klasse nur durch die Arbeiter selbst erobert werden muss“, also nicht durch patriarchalische liberale Großbürger und Unternehmer. Bebel war Sattlermeister, Liebknecht hatte in Gießen Zimmermann und in Marburg Büchsenmacher gelernt.

Zum Gründungsparteitag waren „alle Arbeiter“ eingeladen worden mit dem Erfolg, dass 110 ADAVler die Veranstaltung am 7. August sprengen wollten. Bebel und Liebknecht, verlegten die Versammlung für den 8. in ein anderes Lokal und ließen nur noch „Gründungswillige“ ein. So konnte die die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) doch noch gegründet werden. Dievon Bebel vorgelegten Statuten stellten an die Spitze der Partei einen fünfköpfigen Ausschuss und eine elfköpfige Kontrollkommission und schufen eine Parteiorganisation die von untern nach oben aufgebaut war.

 

Und weil der Prolet ein Prolet ist,
drum wird ihn kein anderer befrein,
es kann die Befreiung der Arbeiter
nur das Werk der Arbeiter sein.

 

Drum links, zwei, drei!
Drum links, zwei, drei!
Wo dein Platz, Genosse, ist!
Reih dich ein in die Arbeitereinheitsfront
Weil du auch ein Arbeiter bist.

 

Text: Bertold Brecht

Musik: Kurt Weill

18.07.2023 in Abteilung

Peter von Feldmann – Zweimal Mitglied

 

Christoph Ehmann
Gedanken anlässlich seiner Beisetzung am 18. Juli 2023

Das zu Beginn zu berichtende Ereignis geschah, bevor ich Peter von Feldmann kennenlernte. Aber es verdeutlicht, warum ich ihn schätzte und achtete.

Peter von Feldmanns Mitgliedschaft in der SPD jährt sich in diesem Jahr zum 40. Mal. Eine vierzigjährige Mitgliedschaft ist in einer insgesamt alternden SPD kein besonderes Ereignis. Was an diesem Ereignis allerdings bemerkenswert ist, ist das Datum seines Eintritts. 1982/83 war die SPD nach den Jahren der sozialliberalen Koalition an einem - heute wird man sagen müssen: einem ersten - Tiefpunkt. Zehn, zwölf Jahre zuvor waren zu Willy Brandts Zeiten unter dem Aufruf „Mehr Demokratie wagen“ viele vor allem junge Leute in die Partei eingetreten. Zeitweise führte dies zu einer Mitgliederzahl von über 1 Million.